 Bin neu hier


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...und hat diesen Thread vor 5663 Tagen gestartet!
| Fahrzeuge 1. Ford Explorer ´97 SOHC mit LPG-Stag 300 |
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Verfasst am: 20.01.2010 14:19:08 Titel: Ukraine im 97er Explorer - mein Er-Fahrungsbericht! |
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(schon im Explorer4x4-Board gepostet, nur damit´s niemand 2 mal liest)
Weiß gar nicht wie ich anfangen soll das alles zu erzählen. So viele neue Eindrücke...
Ok... einfach mal von vorn!
Los ging es damit, daß ich es Nat mal schuldig war sie in Dnepropetrovsk zu besuchen nachdem sie jetzt schon so oft hier war.
Also Neujahr in der Ukraine war geplant.
Natürlich mit dem Auto, da ich ja Jimmy mitnehmen musste.
Nat hat mich zwar gewarnt, aber ich konnte es mir eigentlich nicht so schlimm vorstellen.
Sie hatte mit allem Recht!!!
Nachdem mich mein Navi auf der denkbar schlechtesten Route bis an die EU-Grenze Dohurusk gebracht hatte, ging es los.
3 Stunden bis ich durch war. Von da an Richtung Kiew, wo wir uns treffen wollten.
Erstmal an die Straßenverhältnisse gewöhnen, Schlagloch an Schlagloch (... RICHTIGE SCHLAGLÖCHER!!!)
Die ersten Kilometer war ich noch relativ deutsch unterwegs, ca. 60 km/h. Nachdem aber der erste Lada an mir mit 130 vorbei flog, dachte ich mir das kann ich auch.
Nat hatte wieder Recht, "Du wirst Gerausche von Deinem Auto hören, die Du noch nie zuvor gehört hast."
Vorteil: die MT´s nimmt man akustisch dafür wirklich nicht mehr wahr!
Nach etwa 100 km wurde das Wetter zunehmend schlechter. Starker Schneefall und Orkanböen.
Beim ersten Tankstop konnten Jimmy und ich uns kaum auf den Beinen halten. Geschätzte 100 km/h Windgeschwindigkeit machten uns beiden das Pinkeln nicht einfach und der arme Tankwart versuchte seine Einfahrt freizuräumen, aber der Wind wehte das weiße Zeug schneller hin als er es wegschaufeln konnte.
Für allein Reisende sei noch erwähnt, nur an Tankstellen oder belebten Plätzen halten, sei es auch nur zum Pinkeln. (hab ich auch in Polen so gehalten)
"Nur" noch 550 km bis Kiew, es wurde langsam dunkel und die Straße zu erkennen war auch nicht einfacher dadurch. Das Wetter wurde leider auch nicht besser, im Gegenteil.
Bald darauf kam ich zu einem Riesenschlagloch. Zum Glück war ein Auto vor mir dem es wohl schon bekannt war. Einfach gesagt fehlte ein Stück der Straße, ca. 3-4 m Durchmesser und an der tiefsten Stelle bestimmt 80 cm tief. Ich fragte mich wie die Trucks das schaffen, während ich beobachte wie sich der Wolga vor mir da durchquälte.
Nachdem ich das Loch mit dem XP passiert hatte, kam mir Langenaltheim in den Sinn und ich dachte, ok ... Offroadpark braucht man hier wirklich keinen.
Nach ca 10 weiteren km war es stockdunkel und es wehte was das Zeug hielt. Kein Auto vor oder hinter mir das mir den Weg weisen konnte. Mit ca 50 km/ Höchstgeschwindigkeit versuchte ich die Straße zu erraten als ich auf ein mir bisher unbekanntes Hindernis traf. Ich dachte immer als Alpenvorländer ist man im Laufe des Lebens auf alle schneebedingten Hindernisse schon mal gestossen, aber das war mir neu.
Ich sah eine mindestens 35 cm hohe Wehe vor mir. An sich ja nicht so schlimm, wenn sie aus Pulverschnee ist, da hatten wir inzwischen schon viel höhere passiert.
Leider sah ich erst sehr spät, daß die Wehe spiegelt?!
Voll in die Eisen, aber keine Chance mehr rechtzeitig zum Stehen zu kommen!
In Gedanken hab ich mich schon mal von dem Plastikkram vorne inclusive der gesamten Radaufhängung verabschiedet.
Ich dachte "shit, wenn Du da noch mit eingetauchten Dämpfern drüber rauscht, war´s das. Dann fährt die Kiste keinen Meter mehr!"
Ok..., Bremse vorher losgelassen, Augen zu und ein kurzes Stoßgebet. (sollte übrigens nicht das letzte Stoßgebet auf der Reise werden)
Ich war immer noch viel zu schnell....
Es rumpelte fürchterlich!!!
Jimmy ist bestimmt an der Decke angeschlagen und wirklich Nichts im Auto befand sich noch am selben Platz. Sogar der Zigarettenanzünder war irgendwo hinten gelandet.
Aber, oh Wunder, der XP fuhr, hielt noch Spur und machte keine auffallenden Geräusche.
Zum ersten, aber auch nicht letzten mal dachte ich, ist wohl was dran an "Ford - Tough Built"! Ein paar Lämpchen der Armaturenbeleuchtung haben´s nicht überstanden, aber ansonsten war alles noch ok!
Der Alpenvorländer hat gelernt, daß es auch Eiswehen gibt....!
Irgendwann kam ich dann auf eine viel befahrene Straße. Truck an Truck. Es ging mal mit 50 km/h voran, mal mit 5 km/h. In einem Waldstück ging dann gar nichts mehr. Grund waren 3 umgestürzte Trucks. Zwei in meiner Richtung, einer auf der Gegenspur.
Nach einer guten Stunde war die Straße wieder frei und es ging weiter.
Ca. 90 km vor Kiew wurde die Straße dann zweispurig und das Wetter etwas besser. Meine Augen wurden müde und ich gab Gas um das letzte Stück noch zu schaffen.
In Kiew war ich fix und fertig. Treffen mit Nat, Tanken, kurzes Gassi, weiter Richtung Dnepropetrovsk. 55o km und es war inzwischen knapp 2 Uhr nachts. Nat fuhr ab da und nach 50 km wurde das Wetter wieder schlechter. Bald darauf eine gute Stunde Stop, da mehrere Trucks in Schneewehen festhingen.
Irgendwann hörte es auf zu Schneien und mit Tageslicht fuhr es sich auch gleich wesentlich angenehmer.
In Dnepropetrovsk angekommen, erfuhren wir, daß inzwischen sämtliche Straßen Rund um Kiew gesperrt waren. Puhh!!
Nach ausgiebiger Erholungspause durften Jimmy und ich unsere Erfahrung mit der Großstadt machen. Mit dem Auto sollte man wissen wo die Ampeln versteckt sind, ich hätte am Anfang bestimmt jede zweite übersehen. Es gibt keine Fahrbahnmarkierungen, keine Haltelinien bei Ampeln, keine Spurlinien auf bis zu achtspurigen Straßen. Dazu wimmelt es von vollbesetzten Mercedes Sprintern, die zusätzlich zur Tram und Trolley-Bussen, das öffentliche Nahverkehrsmittel darstellen und die auf Zuwinken Fahrgäste aufnehmen.
Zu erwähnen auch noch die "zulässige" Geschwindigkeit. 60 in der Stadt, 110 auf der Landstraße, (Autobahn hab ich keine gesehen). Jetzt kommt aber der Punkt .... Bußgeld gibt es erst ab 20 km/h drüber.
Das heißt in der Stadt 80 km/h und außerhalb 130!!!
Wenn man als Fußgänger unterwegs ist, sollte man das nicht vergessen!
Auch nicht, daß man der Zweitschwächste nach den Straßenhunden ist und hier keiner auf Fußgänger Rücksicht nimmt.
Überall Augen auf, Ampeln können nicht funktionieren und da es keine Haltelinien gibt ist es keineswegs sicher wo die Fahrer anhalten, vor oder nach der Fußgängerampel.
Augen auf auch auf den Fußwegen, keiner räumt hier und je nach Wetterlage gibt es Eis, Matsch, Sumpf mit Eis drüber, oder Sumpf mit Eis drunter, tiefe Löcher, aus dem Teer stehende Eisenstangen, Mauervorsprünge wo man sie nicht erwartet und so weiter. Nachts ist es abseits der Straße stockdunkel. In den Innenhöfen erst Recht. Es gibt so gut wie keine Aussenbeleuchtung, da die sonst geklaut wird. In den ersten 3 Tagen hat es mich viermal auf die Schnauze gehauen! Dann hatte ich´s gelernt.
Ach ja, apropos Klauen. Auf dem Weg zu Nat´s Office gibt es eine Straße auf der jemand sämtliche Gullideckel geklaut hat. Neue gibt´s nicht! Als wir an einem Tautag dort lang fuhren haben wir gleich drei Wagen beim Reifenwechseln gesehen. Mit Wasser auf der Straße war es unmöglich zu erkennen wo die extrem scharfkantigen Löcher sind!
Erstaunlich bei dem ganzen Gewusel, der Verkehr scheint sich selbst zu regulieren. Nicht einmal sind wir länger als 10 Minuten im Stau gestanden, wenn ich da an den mittleren Ring denke....
Man stelle sich mal München mit diesen Bedingungen vor, da würde gar nichts mehr gehen!
Und Dnepropetrovsk hat fast 3 mal soviel Einwohner!!!
Das Wetter war fast immer schlecht in den knapp 3 Wochen, Schnee, Eis, Nebel.
Nachdem Nat mit mir und dem XP bei diesen Bedingungen unterwegs war, hat sie mich jeden Morgen gefragt: "kann ich mit Deinem Auto in die Arbeit fahren?"
Klar konnte sie...
Jeden Abend hat sie geschwärmt, was das für ein Unterschied sei. Mit ihrem neuen Lancer wollte sie jetzt gar nicht mehr fahren. Kann ich verstehen, das ist kein Land für sportliche Autos, das ist definitiv 4x4-Land!
Nicht umsonst fahren hier so viele (meist silberne) Landcruiser rum. Aber keine Diesel, hier gibt´s fast ausschließlich die fetten US-Benzin Versionen. Sehr stark vertreten hier die Japan (US) Fraktion. Nett zu sehen für uns West-Europäer, was es da so alles gibt.
Honda Pilot, Toyota Sequoia, etc.
Explorer hab ich genauso viele gesehen wie Hummer H2, vier Stück. (und einen Navigator)
Nat hat sich in der Zeit richtig in den XP verliebt, nachdem wir den ersten hier gesehen haben wurde gleich gecheckt ob es einen zu kaufen gibt. Aber Fehlanzeige, in der ganzen Ukraine war keiner zu finden. Einen Gebrauchten importieren lohnt nicht, Zoll zu teuer. Jetzt denkt sie über einen Landcruiser nach. Mal schauen, evtl. als Umzugsgut noch einen XP mitnehmen...
In Nat´s Arbeit erweckte der XP auch reges Interesse. Bei den Fahrern und dem General Manager. Sie durften natürlich alle ´ne Runde drehen. Aussage Pavel (General Manager): "Ohohhh!!!"
Jetzt muß man allerdings auch fairerweise noch erwähnen, daß für die herausragenden Fahreigenschaften nicht der XP allein verantwortlich war. Unter diesen Bedingungen waren die Cooper MT´s unschlagbar. Brutaler Grip auf Schnee, hervorragende Bremseigenschaften auf Schnee. Matsch und Wasser existieren quasi nicht, fast unzerstörbar.
Auch nach Nat´s Einschätzung der beste Winterreifen, den wir je gefahren sind.
Hat sich ja auf der Anreise schon gezeigt, selbst Nat wühlte sich damit durch Schneewehen in denen Landcruiser mit Winterreifen ohne fremde Hilfe nicht mehr weiterkamen.
Auch zu diesem Zeitpunkt bedankte ich mich in Gedanken schon mal bei Cooper für diesen Reifen. Unter anderem auch, da ich ja ohne Ersatzreifen unterwegs war. (Wie sehr ich mich noch Bedanken sollte, wusste ich damals aber noch nicht... )
Nach etwas über zwei Wochen hervorragendem Essen und Trinken und vielen neuen Eindrücken sollte es auf die Heimreise gehen. Das Wetter wurde leider immer schlechter.
Um mir die Fahrt zu erleichtern hat Nat mir "den" Fahrer ihrer Firma besorgt. Valera!
Ich hatte ja schon einiges von ihm gehört und wusste, daß er die Manager und den Big Boss fährt, wenn´s schnell, zuverlässig und sicher abgehen soll.
Früher war er der Fahrer von sehr einflussreichen Leuten. (von wem war leider nicht zu erfahren)
Einen Tag vor der Abreise wollte er ein paar Details über das Auto wissen, gefahren war er ihn schon mal kurz, damals sagte er: "keinen Grip!"
Nat antwortete: "warte ab, der hat Grip, speziell auf Schnee, Du wirst ihn lieben!"
Nachdem er dann noch erfahren hatte, wie groß der Tank ist und wie das Allradsystem funktioniert wurde die Abfahrt auf 6 h früh festgesetzt. Es sollte teilweise auf Nebenstrecken bis nach L´viv nahe der polnischen Grenze gehen. Knappe 1000 km quer durch die Ukraine.
Dort wartete jemand von der ansässigen Filiale um mich durch L´viv auf die richtige Straße zur Grenze zu lotsen. Mein Navi funktionierte nämlich trotz "Komplettem Osteuropa - Paket" hier so gut wie gar nicht. Zu 99% war ich laut Navi im NICHTS unterwegs! (DANKE FALK!!!)
Und da kyrillisch lesen noch nicht meine Stärke ist, war ich dem Vorschlag auch nicht abgeneigt.
Valera spricht in etwa so gut englisch, wie ich russisch, daher lief die komplette Konversation über Nat. Auch während der Fahrt per Handy.
Letzter Abend, Essen, Wodka und kurze Nacht... um 4 Uhr klingelte der Wecker.
Kaffee, noch ein paar Sachen packen und Gassi mit Jimmy.
Auf dem Rückweg zum Apartment hörte ich von hinten einen sehr vertrauten V6 Sound näherkommen, Valera brachte meinen XP vom bewachten Firmenparkplatz...
Die Heimfahrt, oder ... Valera, der echte "Transporter"!!!
Am Apartment angekommen, lernte ich Valera zum ersten mal persönlich kennen. Vor mir stand ein kompakter, nicht allzu großer Kerl, mit einem sympatischen Blitzen in den Äugelchen.
Wir gingen nochmal hoch um die Sachen zu holen, als Nat sagte: "Du wirst Pampers brauchen, der Filialleiter in L´viv wartet um 18 Uhr auf Euch!" Darauf Ich: "ha, ha!"
Ich fragte mich, wie das gehen soll, knapp 1000 km auf ukrainischen Straßen in 12 Stunden? Es war noch stockdunkel und dichter Nebel hier, im Westen soll es wieder zu schneien angefangen haben, ....unmöglich!
Aber ich war noch nicht wach und meine Gedanken kreisten hauptsächlich darum nichts zu vergessen, somit verdrängte ich die Rechenaufgabe erstmal.
Beim Verstauen der Sachen wollte Valera noch über ein paar Schalter Bescheid wissen und als er Jimmy sah, hörte ich aus dem Russisch "Adrenalin" heraus. Nat sagte, "Jimmy will get some adrenalin" und grinste etwas verlegen....
Jimmy hat die Fahrt bei weitem besser überstanden als ich, soviel kann ich Euch schon mal verraten. Und MEIN Adrenalin Bedarf ist mit Sicherheit für das ganze Jahr mehr als nur gedeckt.
Wenn ich zu dem Zeitpunkt gewusst hätte was auf mich zukommt, ich hätte Jimmy aus dem Auto gezerrt, und hätte Valera mit meinem XP und sämtlichem Gepäck allein fahren lassen!
Zu der Zeit dachte ich leider noch: "Du bist ja kein Weichei wenn´s um´s Fahren geht, so schlimm kann´s ja nicht werden"
Leute, Leute, Leute!!!
Was für ein Irrtum ...
Nat sagte: "er wird´s langsam angehen lassen, bis er das Auto kennt"
Das kann dann nicht länger gedauert haben als bis durch die Stadt durch, denn sobald wir draußen waren ging es los. Ich müsste lügen wenn ich sagen würde, daß ich weiter als 30 Meter gesehen hab, was ich aber gesehen hab waren 140 km/h auf dem Tacho (es sei noch erwähnt, daß mein Tacho durch die großen MT´s grade mal 5 km/h voreilt). Von diesem Moment an war es nur noch innerhalb etwas größerer Städtchen möglich während des Fahrens zu Trinken, Essen oder auch nur zu Rauchen. Nicht daß mir der Sinn danach stand. Ich war ausschließlich damit beschäftigt meine Innereien im Griff zu halten ("Du wirst Pampers brauchen!").
Ich versuchte nicht daran zu denken was alles vor uns im Nebel auftauchen könnte oder wie Valera überhaupt sehen konnte wohin die Straße führt.
Nach ca. 100 km verließen wir die 2-spurige Straße und es wurde sehr holprig. Ich konnte mich an einen Spruch von Nat erinnern, als wir in dieser Richtung unterwegs waren: "wenn die vor uns da lang fahren werden sie ohne Zähne ankommen"!
Genau da lang sind wir gefahren....
Der Nebel wurde langsam weniger und inzwischen konnte man schon etwas Tageslicht erblicken.
Die Straße war mehr ein asphaltierter Feldweg mit Schlaglöchern vom Feinsten. Valera fuhr nach wie vor hauptsächlich jenseits der 140 km/h. Daß die Starrachse bei jedem Schlaglochhagel heftigst versetzte schien ihn nicht weiter zu beunruhigen. Mit dem Geschick eines Rodeoreiters fing er sie immer wieder ein. Bei diversen Überholvorgängen wurde mir fast schwarz vor den Augen, einmal waren wir zu dritt nebeneinander und Valera preschte zwischen den Ladas durch mit nicht mehr als ´ner Handbreit Luft links und rechts.
Ich sah schon die Plastikteile fliegen ...
Immer wieder rief ich mir in´s Gedächtnis, daß schließlich alle Manager noch leben die mit Valera sonst unterwegs sind und er wohl weiß was er tut. Und daß wir drei das jetzt auch noch überstehen werden. Sorry XP, sorry Jimmy!!!
Valera fuhr auch nie mit Drehzahl, sondern immer mit Drehmoment, nur einmal mußte er den Kickdown benutzen, als ein betrunkener Traktorfahrer sich anschickte auf die Straße zu biegen ohne zu schauen.
Es läuft hier auch ganz anders ab als in D. Dem Schnelleren wird SOFORT Platz gemacht und das Überholen erleichtert. ALLE lassen Platz, es wird gewarnt wenn es nicht geht und Zeichen gegeben wenn es geht! Sowas wie "ich fahr Mercedes, ich laß dich nicht vorbei" gibt es hier nicht. Hier heißt es "Du bist schneller, ok, ich mach es Dir einfach".
Das liegt wohl daran, daß jeder weiß, die Straßen sind gefährlich, einen Moment nicht aufgepasst und man kann im nächsten schon tot sein.
Und alle sitzen im selben Boot.
Inzwischen war es schon richtig hell und der Nebel hatte sich auch aufgelöst.
Die Freude hielt sich in Grenzen, denn jetzt kam das Glatteis und der erste schwere Unfall vor uns mahnte zur Vorsicht. Ein VW T5 hatte frontal einen Truck geküsst... Puhh! Das hat meinem Magen gar nicht gut getan. Nach 10 Minuten Wartepause ging´s weiter.
Valera drosselte die Höchstgeschwindigkeit auf 110 km/h, in Deutschland wär hier keiner schneller als 30 gefahren! Komplett überfrohrene Straße und tiefe Schlaglöcher!
Da war es dann auch bald soweit, daß nach einem Schlaglochhagel das Heck definitiv zum Überholen ansetzte. Mit 110 km/h auf Eis sehr quer unterwegs...! Da entwich mir dann doch ein "UUUHHHPSS!!!"
Die Schnauze zeigte schon bedenklich Richtung Böschung und ich sah uns alle schon (nach mindestens dreimaligem Überschlag) tot im Auto liegen.
Mit einer höchst präzisen Reaktion hat Valera den XP abgefangen, so daß es ohne das geringste Nachschlingern oder Nachschaukeln weiter geradeaus ging, wie wenn nichts gewesen wär!!!
Leider ging´s auch mit unveränderten Tempo weiter ...
Meine Gesichtsfarbe war bestimmt nicht mehr weit von dem Zeug weg, das jetzt anfing von oben runter zu rieseln.
Eine Pause hatten wir schon hinter uns, es gab regelmäßig alle 2 Stunden ca 10-15 Minuten Gassipause, und ich dachte lange kann´s ja nicht mehr dauern.
Mit dem Schnee wurde die Fahrbahn griffiger und die Straße endlich auch etwas breiter und sehr übersichtlich. Verkehr so gut wie gar keiner. Nur immer wieder ein paar liegengebliebene Trucks und PKW, meist mit Reifen oder Achsschäden. Ein schon gewohntes Bild.
Ca. 5 cm Schnee auf der Fahrbahn, rechts etwas matschig, von links immer wieder Schneewehen, die Schlaglöcher muß ich wohl nicht mehr erwähnen...
Valera gibt Stoff!
Tacho 165 km/h! Das Heck tanzt Rock´n´Roll, das ganze Auto manchmal auch!
In Gedanken sende ich Stoßgebete an jedes einzelne Teil der Radaufhängung, und freue mich für´s Getriebe, daß es draußen mit -6°C nicht so warm ist und das Öl dadurch vielleicht noch nicht ganz am Kochen ist.
Den MT´s dankte ich für den Grip und Durchhaltevermögen.
Der Schnee wurde mehr und es wurde Zeit für "4x4 High". Wir waren außerhalb der Ortschaften immer noch mit zügigen 140-150 km/h unterwegs. Valera gab sich Mühe auf gesalzenen Passagen wieder auf "Auto" zurück zu schalten.
Ich dachte mir: "den kannste auch drin lassen, bei der Geschwindigkeit berührt eh kaum ein Rad den Boden, Verspannungen ausgeschlossen!"
Zudem war deutlich fühlbar, daß bei extremen Rüttelpassagen das Heck nicht mehr ganz so aus der Reihe tanzte.
Erste Tankpause nach knapp 400 km.
Valera schaute sich die Vorderradaufhängung und die Reifen genauer an. Ging ums ganze Auto, zeigte mir 2 Daumen hoch, kratzte wohl all sein Englisch zusammen und sagte: "excellent, super, great car!"
Ich antwortete: "Da" und betete darum, daß der XP diese Tortur überstehen möge und mich und Jimmy bitte noch sicher bis nach Deutschland bringt!
Weiter ging die wilde Fahrt!
Nebenstrecken bei ordentlich Schnee und ganz üblen Schlaglochpassagen.
Mein Magen hatte sich inzwischen an die außerordentlichen Umstände etwas gewöhnt und ich hätte gern mal was getrunken. Ich schau auf den Tacho: 130 km/h "... ok, auch nur ein kleiner Schluck Kaffee? .... unvorstellbar den in den Becher zu kriegen, .... ein Schluck Coke aus der Plastikflasche? ..hmmm .....vorstellbar, aber gefährlich für Gesicht und Zähne. ...Ok, ich trinke besser nichts!"
Nur um Euch die "Umstände" noch mal zu verdeutlichen!
Bald darauf konnte ich was trinken als wir 15 Minuten warten mussten, bis die Ladung eines umgestürzten Trucks von der Straße war. Inzwischen auch schon ein gewohntes Bild.
Es begann immer mehr zu Schneien und von da an wurde der "4x4 High" nicht mehr raus genommen.
Auch der Verkehr wurde dichter und die Städte größer. Unsere Durchschnittsgeschwindigkeit sank, aber unzählige Überholmanöver ließen noch genügend Adrenalin durch meine Adern fließen.
Valera schien es richtig zu genießen mit dem XP durch Tiefschneepassagen zu fliegen und auch dort noch zu Überholen wo allen anderen der Grip fehlte.
Nach einer Polizeikontrolle (eigene Geschichte), einem weiteren Tankstop und 2 weiteren Unfällen auf der Strecke, waren wir nach exakt nach 11 Stunden und 45 Minuten am Treffpunkt angekommen!
Eine Viertelstunde zu früh!!!
Laut Tacho hatten wir eine Strecke von 892 km zurückgelegt!
Alle Pausen und außerplanmässigen Stops abgezogen, dürfte die reine Fahrzeit wohl deutlich unter 10 Stunden betragen haben.
Schneller wurde bestimmt ein Auto aus Deutschland nie durch die Ukraine gefahren, vor allem nicht bei diesen Bedingungen!
Ich dankte gedanklich den Ingenieuren von , jedem der je Hand an dieses Auto gelegt hatte, den Leuten von Cooper und Gott, daß wir das alle überstanden haben.
Valera bedankte sich bei mir, daß er mein Auto fahren durfte. Ich bedankte mich bei ihm dafür, daß ich jetzt weiß was "Fahren" heißt und was mit einem XP möglich ist!
Valera, der beste Fahrer unter der Sonne! Einfach nur unglaublich....
(Und wer hier auch nur an einem meiner Worte zweifelt, dem zahl ich den Flug in die Ukraine, dann darf er mal 100 km mit Valera fahren. Aber Vorsicht.... Du wirst Pampers brauchen!!!)
Nach großer Verabschiedung machte ich mich an die restlichen 100 km zur Grenze. Daß es schneite was runter ging beeindruckte mich gar nicht mehr, gemütlich mit 90 - 100 km/h cruiste ich durch tiefen Schnee. Die 2,5 Stunden Wartezeit an der Grenze hat mich auch nicht genervt. Eigentlich wollte ich in Polen irgendwo ein paar Stunden schlafen, aber bei sowenig Blut im Adrenalin war daran nicht zu denken. Also bin ich noch bis nach Hause gefahren. Um 10:30 morgens waren wir alle sicher angekommen. Nur die MT´s dröhnten mir im Kopf und mit 100 km/h Beschränkungen wegen schlechter Fahrbahn kam ich gar nicht mehr klar.
Meinen XP sehe ich jetzt wieder mal mit ganz anderen Augen, genauso das "Fahren" in Deutschland und das "Fahren" solcher Profis wie Valera in der Ukraine.
PUhhh, das größte Abenteuer meines Lebens!!!
Gestern am Telefon sagte Nat: "Valera hat Dir bestimmt einen ganzen Tag gespart" ich antwortete: "das glaub ich gern, aber wie viele graue Haare ich jetzt dafür mehr hab .....?!!"
Verkehr in Dnepropetrovsk
Das Teil lag nur so drauf und die letzte Achse kreischte erbärmlich um Hilfe
Landstraße bei 150 km/h:
Valera, der echte Transporter!
Pause
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